Insbesondere die Arbeitsunfähigkeit (AU) durch Langzeiterkrankungen spielt bei den Fehlzeiten eine große Rolle. Dabei stehen vor allem psychische Erkrankungen und Muskel-Skelett-Erkrankung im Vordergrund. Dr. Sonja Placzek, Ärztliche Leitung des MD Nordrhein, präsentierte zentrale Ergebnisse einer Analyse der AU-Begutachtungen. Sie stellte fest, dass zum Zeitpunkt der Begutachtung in vielen Fällen noch keine Maßnahmen wie Reha oder stufenweise Wiedereingliederung eingeleitet worden waren. "Warum ist das noch nicht geschehen", fragte Placzek.
Für Andreas Hustadt, Vorstandsvorsitzender des MD Nordrhein, ist genau diese Frage der Dreh und Angelpunkt der Debatte: Es sei eine kluge Patientensteuerung, eine systematische Überprüfung und eine Unterstützung der Betroffenen bei langandauernden Fehlzeiten notwendig. Hustadt forderte mehr Handlungsspielraum für die Krankenkassen, um Versicherte im Rahmen eines aktiven Fallmanagements besser begleiten zu können. Dr. Christopher Prinz, Senior Labour Market Analyst der OECD, berichtete, dass es in vielen europäischen Ländern üblich sei, dass Sozialversicherungen und Arbeitgeber bei Fragen zur Arbeitsunfähigkeit kooperierten.
Dieter Klein von der Techniker Krankenkasse kritisierte ebenfalls die begrenzten Handlungsoptionen der Krankenkassen und plädierte für ein aktives Betriebliches Gesundheitsmanagement. Tanja Nackmayr, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin von unternehmer nrw, unterstrich die Bedeutung der Patientensteuerung aus Sicht der Arbeitgeber. Ein hoher Krankenstand habe in Zeiten von Personalmangel gravierende Folgen. Arbeitgeber geben jährlich rund 82 Milliarden Euro für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall aus.
Helmut Schröder, Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), warf einen weiteren Blick auf die Langzeiterkrankten: Rund 40 Prozent der Fehltage seien durch Versicherte mit einer Langzeit-AU verursacht. Bei den AU-Fällen mache diese Gruppe jedoch nur 3,3 Prozent aus. Er plädierte für ein wertschätzendes Arbeitsklima, Betriebliches Gesundheitsmanagement und für die Einführung einer teilweisen Krankschreibung. Dr. Christopher Prinz von der OECD berichtete, dass dieses Modell der Teil-Krankschreibung in Ländern wie Schweden erfolgreich praktiziert werde. Er ging auch auf die Diskussion um die Karenztage ein. Gemeint ist damit ein Lohnausfall für den ersten Tag einer Arbeitsunfähigkeit. Prinz erteilte dieser Forderung eine Absage. Studien aus anderen europäischen Ländern hätten gezeigt: Wer sich einmal krankmelde, bleibe dann oft länger zu Hause.
Johannes Soff von der Deutschen Krebsgesellschaft zeigte, dass der berufliche Wiedereinstieg selbst nach einer schweren Krebserkrankung gelingen kann. Die CARES-Studie mache deutlich, so Soff, dass gezielte Unterstützung durch Berufslotsen in Krebsberatungsstellen den Betroffenen die Rückkehr in den Beruf erleichtern könne.
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